Die europäische Wirtschaft zeigt im Sommer 2025 weiterhin Anzeichen einer langsamen, aber stetigen Erholung. Nach einer Phase der Herausforderungen durch hohe Inflation und geopolitische Spannungen stabilisieren sich die wichtigsten Indikatoren allmählich, auch wenn neue Unsicherheiten am Horizont auftauchen.
Wachstum und Inflation: Ein vorsichtiger Optimismus
Die Europäische Kommission prognostiziert für die Eurozone ein Wirtschaftswachstum von 0,9 % im Jahr 2025, mit einer erwarteten Beschleunigung auf 1,4 % im Jahr 2026. Für die gesamte EU liegen die Prognosen mit 1,1 % bzw. 1,5 % etwas höher. Diese Zahlen spiegeln eine verbesserte Situation im Vergleich zum Jahresbeginn 2025 wider, als die Wirtschaft besser abschnitt als ursprünglich erwartet.
Ein entscheidender Faktor für diese Erholung ist der Rückgang der Inflation. Im Mai 2025 lag die jährliche Inflationsrate im Euroraum bei stabilen 2,1 %, nachdem sie in den Vormonaten leicht höher war. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat auf diese Entwicklung mit weiteren Zinssenkungen reagiert. Bereits im Juni 2024 begann die EZB mit einer ersten Zinssenkung, gefolgt von weiteren Anpassungen im Oktober 2024, Januar und März 2025. Zuletzt senkte die EZB den Leitzins im Juni 2025 erneut auf 2,00 %, um die Wirtschaft weiter anzukurbeln und die Kreditvergabe zu erleichtern.
Arbeitsmarkt: Robust und stabil
Der europäische Arbeitsmarkt zeigt sich weiterhin widerstandsfähig. Im April 2025 lag die saisonbereinigte Arbeitslosenquote im Euroraum bei 6,2 %, leicht gesunken gegenüber den Vormonaten. Die Prognosen deuten darauf hin, dass die Arbeitslosenquote bis 2026 auf ein neues Allzeittief von 5,7 % sinken könnte. Das nominale Lohnwachstum wird sich zwar voraussichtlich verlangsamen, aber die Arbeitnehmer profitieren weiterhin von Reallohnerhöhungen, die dazu beitragen sollen, die in den Vorjahren durch die Inflation erlittenen Kaufkrafteinbußen auszugleichen.
Energiepreise und Lieferketten: Entspannung, aber Wachsamkeit
Die Energiepreise, die in den letzten Jahren ein wesentlicher Treiber der Inflation waren, haben sich stabilisiert und sind im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Der Börsenstrompreis verzeichnete im Mai 2025 ein Minus von 4 % im Vergleich zum Vorjahr. Dennoch bleiben die Strompreise für Endverbraucher in einigen europäischen Ländern, darunter Deutschland, im internationalen Vergleich hoch.
Hinsichtlich der Lieferketten gibt es zwar eine gewisse Entspannung, doch bleiben sie ein zentrales Thema für Unternehmen. Geopolitische Spannungen und Cyberrisiken führen dazu, dass Unternehmen ihre Lieferketten verstärkt auf Resilienz und Risikomanagement ausrichten müssen, anstatt sich ausschließlich auf Kosten und Effizienz zu konzentrieren. Die gesetzlichen Vorschriften, wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, werden zudem strikter, was Unternehmen zu einem neuen Ansatz zwingt.
Geopolitische Risiken und Ausblick
Trotz der positiven Entwicklungen bleiben geopolitische Umbrüche ein erhebliches Risiko für die europäische Wirtschaft. Handelsspannungen und globale Unsicherheiten können das Wachstum beeinträchtigen und den Welthandel verlangsamen. Die Finanzmärkte sind weiterhin anfällig für Schocks, und die Konzentration von Handels- und Investitionsströmen auf weniger Länder könnte langfristig die Risikodiversifikation verringern.
Insgesamt bewegt sich die europäische Wirtschaft im Sommer 2025 auf einem Pfad der vorsichtigen Erholung. Die sinkende Inflation und die unterstützende Geldpolitik der EZB schaffen ein günstigeres Umfeld. Dennoch sind Unternehmen und Regierungen weiterhin gefordert, auf die komplexen globalen Rahmenbedingungen und die anhaltenden Unsicherheiten zu reagieren, um nachhaltiges Wachstum zu sichern.